Zwischen Kranichzug und Buchenwald

Natur erleben, verstehen und bewahren – das ist mehr als ein Trend. Es ist eine Haltung.

Was macht einen Naturraum wirklich besonders? Ist es die unberührte Stille, das imposante Spiel der Elemente, die Tierwelt in freier Bewegung? Oder ist es vielleicht das Wissen darum, dass hier etwas geschützt wird, das größer ist als der einzelne Mensch? In einem Gebiet, in dem Seeadler kreisen, Kraniche in Scharen landen und Buchenwälder seit Jahrhunderten wachsen dürfen, spürt man: Hier hat sich die Natur einen Freiraum zurückerobert – und wir dürfen zu Gast sein.

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Ein Schatz mitten in Mecklenburg

Der Müritz-Nationalpark ist mit über 320 Quadratkilometern der größte landseitige Nationalpark Deutschlands. Rund 70 Prozent seiner Fläche sind von Wald bedeckt, 14 Prozent sind Wasserfläche, 8 Prozent Moore. Besonders ist dabei nicht nur die Größe, sondern auch die Vielfalt. Eiszeitlich geprägt, durchzogen von Seen, stillen Buchten und alten Buchenbeständen, ist dieser Park nicht nur ein Ort für Erholungssuchende, sondern auch ein lebendiges Beispiel für konsequenten Naturschutz.

Der Park ist in zwei Teile gegliedert: den Müritzteil mit dem Havelquellgebiet und dem Ostufer der Müritz, sowie den Serrahner Teil, der durch seine UNESCO-ausgezeichneten Buchenwälder besticht. Besonders beeindruckend: Im Serrahner Gebiet steht ein Wald, der über 200 Jahre nahezu unberührt gewachsen ist. Es ist ein Blick in die Vergangenheit und gleichzeitig ein Versprechen an die Zukunft.

Umweltbildung trifft Emotion

Während der Park auf den ersten Blick "nur" Natur zeigt, steckt hinter seinem Schutzgebiet eine bewusst gestaltete Vermittlung. Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit gehen hier Hand in Hand. Ziel ist es, nicht nur Information zu geben, sondern Begeisterung und Bewusstsein zu wecken. Was bedeutet "Natur Natur sein lassen" wirklich? Welche Rolle spielen Moore im Klimaschutz? Warum ist der Buchenwald so schützenswert?

Die Antworten darauf sind nicht in Broschüren versteckt, sondern finden sich entlang von über 180 Infotafeln im Park, in Gesprächen mit Rangerinnen und Rangern, bei Mitmachaktionen für Kinder oder bei großen Veranstaltungen wie der "Fledermausnacht" in Kratzeburg.

Angebote für kleine und große Entdecker

Wer tiefer eintauchen möchte, kann dies über ein vielfältiges Programm tun:

• Rangerführungen zu verschiedenen Themen, z. B. zu Kranichen, Rothirschen oder dem Moorschutz
• Forschertage für Kinder am Ufer der Müritz
• Boots- und Kanutouren durch die Havelseen
• Wanderungen durch die Buchenwälder im Serrahner Teil

Insbesondere das Wasserwandern ist ein Highlight. 27 Kilometer Wasserwanderstrecke führen durch den Nationalpark – eine Seltenheit in deutschen Schutzgebieten. Vom Kanu aus lassen sich Seeadler beobachten, Eisvögel entdecken oder das Plätschern in unberührter Stille genießen. Diese Form der Entschleunigung bringt nicht nur Ruhe, sondern auch eine neue Wertschätzung für das, was uns umgibt.

Natur und Geschichte im Einklang

Dass dieser Ort so ungestört geblieben ist, hat auch mit Geschichte zu tun. Teile des Nationalparks waren einst Staatsjagdgebiet der DDR oder Jagdgebiet des Herzogs von Mecklenburg-Strelitz. Diese Nutzung sorgte für weitgehend ungestörte Entwicklungen in den Wäldern. Nach der Wiedervereinigung wurde dieses "Tafelsilber der deutschen Einheit" in einen Nationalpark überführt – ein bedeutsamer Schritt für den Naturschutz in Ostdeutschland.

Heute erlaubt uns diese Geschichte einen Blick in das, was Wald in seiner natürlichen Form sein kann. Besonders in Serrahn: Dort steht der Wald, wie er ohne menschliche Eingriffe in Deutschland wüchse. Das macht ihn nicht nur schützenswert, sondern auch lehrreich.

Die Ivenacker Eichen: Würde in Holz gehauen

Wer noch tiefer in das Gefühl eintauchen will, dass Natur auch Geschichte trägt, sollte die Ivenacker Eichen besuchen. Diese uralten Baumriesen beeindrucken nicht nur durch ihren Umfang, sondern auch durch ihre Symbolik. Vor ihnen zu stehen bedeutet, Ehrfurcht zu empfinden. Hier stehen Bäume, die schon Jahrhunderte vor unserer Zeit existierten – und deren Rinde Geschichten zu kennen scheint, die kein Buch zu fassen vermag.

Ein Baumstamm aus Bronze und eine Zeitlinie, die historische Ereignisse mit dem Alter der Eichen verbindet, machen diesen Ort besonders. Es ist nicht übertrieben zu sagen: Hier steht Geschichte in lebendiger Form.

Fazit: Entdecken, was bleibt

Der Müritz-Nationalpark ist kein Ausflugsziel, das man "mal eben" besucht. Es ist ein Erfahrungsraum, ein Ort der Besinnung und ein lebendiges Plädoyer für mehr Achtsamkeit gegenüber unserer Umwelt. Ob allein, mit der Familie oder auf einer geführten Tour – wer sich auf das Abenteuer Natur einlässt, nimmt mehr mit als nur schöne Erinnerungen.

Vielleicht begegnen Sie einem Rothirsch auf einer Morgenwanderung. Vielleicht entdecken Sie das Rufen der Kraniche als neues Lieblingsgeräusch. Vielleicht verstehen Sie durch einen Ranger, warum Moore unsere wahren Klimaretter sind. Ganz sicher aber werden Sie mit dem Gefühl nach Hause fahren, dass Natur ein Geschenk ist, das unsere volle Aufmerksamkeit verdient.

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